WordPress 5.0 Release auf unbestimmte Zeit verschoben

Wie soeben bekanntgegeben wurde, ist der WordPress Release Candidate 5.0 gerade erschienen und kann von jedermann getestet werden. Der offizielle Go-Live des neuen Releases ist allerdings von 27. November auf ein undefiniertes “später” verschoben worden, man will erst noch das Test-Feedback des Release Candidate abwarten, näheres dazu in diesem Artikel:

WordPress 5.0 Release Candidate

Die größte Neuerung in WP 5.0 ist ohne Zweifel der neue Block-Editor Gutenberg, es wurden aber auch einige andere bedeutende Neuerungen angekündigt, wichtig für Programmierer und Entscheider dürfte vor allem die volle Unterstützung von PHP 7.3 sein.

Auch in Sachen Barrierefreiheit hat sich etwas getan, man kann jetzt auf Seiten und in Beiträgen einfache ARIA-Label verwenden, das ist schon mal ein grosser Fortschritt.

Inwieweit die Verschiebung des neuen Releases mit den Querelen um die mangelnde Barrierefreiheit des neuen Editor Gutenberg zu tun hat wird zwar gemunkelt, aber es gibt momentan noch keine offizielle Stellungnahme der WordPress-Gewaltigen dazu.  Man darf gespannt sein, ob dazu etwas auf der nächsten Teamkonferenz des WordPress Accessibility Teams am nächsten Freitag bekannt wird, ich werde zeitnah berichten!

Are you accessible? Eine klasse Einführung für jedermann

Ich habe diese Woche einen super-kompetenten und kompakten Artikel von Amy Dickens zu diesem Thema gefunden, den kann man wirklich jedem zur Lektüre empfehlen:

https://medium.com/samsung-internet-dev/are-you-accessible-a-primer-on-web-accessibility-7b2ab0ceffe8

Amy Dickens gibt einen hochkonzentrierten, toll strukurierten und äusserst informativen Überblick über die Grundlagen des barrierefreien Webdesigns. Von A wie Aria bis Z wie Zoom, sie fasst die wichtigsten Elemente und Richtlinien, Best Practices und Grundlagen in kompakter, leicht lesbarer Form zusammen.

Wenn man diesen Artikel aufmerksam gelesen hat, weiss man um was es bei Barrierefreiheit im Internet eigentlich geht, und hat von den wichtigsten Themen zumindest schon mal eine gute Grund-Ahnung. Amy Dickens gibt auch Links zu weiterführenden Veröffentlichungen der wichtigsten Stichpunkte an, und sie schreibt klar und auch für technisch nicht so beschlagene Leser gut verständlich.

Ausserdem schreibt sie eine sehr angenehme Sprache und beweist auch mit Humor, dass Barrierefreiheit kein staubtrocken humorloses Thema sein muss, sondern durchaus positiv und optimistisch sein kann. Ein tolles Stück Lektüre, das ich jedem wärmstens empfehlen kann!

Accessibility Test Automation mit Deque Systems

Deque Systems, eine weithin respektierte Company für Barrierefreies Computing, hilft dem WordPress Accessibility Team aktiv beim Testen der Barrierefreiheit mit automatisierten Test-Tools. Beim WordCamp US am 9. Dezember in Nashville wird die rennomierte Firma an einem ein Hackathon zum Thema Barrierefreiheit teilnehmen. Sarah Gooding hat einen sehr informativen Artikel über die geplante Aktion veröffentlicht:

WordPress Accessibility Team to Host Hackathon with Deque Systems at WordCamp US 2018

Deque wird eine Reihe von professionellen automatisierten Test-Tools zur Verfügung stellen und besonders auch den WordPress Developern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dabei steht die grosse Bedeutung der Barrierefreiheit für die Zukunft von WordPress im Vordergrund, ich zitiere eine Sprecherin:

“A more accessible web also means a better user experience for everyone, part of the reason why digital accessibility is so important”

Frei übersetzt: “Ein barrierefreieres Web bedeutet auch eine bessere User Experience für jedermann, einer der Gründe, warum digitale Barrierefreiheit so wichtig ist.”

Das ist doch nach den endlosen Querelen um den neuen Editor Gutenberg endlich mal ein positives Signal in die richtige Richtung! Ich freue mich jetzt schon auf die Berichterstattung vom Hackathon, das wird eine ganz spannende Sache und ein Meilenstein für die künftige Entwicklung von WordPress in Sachen Barrierefreiheit.

 

Gutenberg im Usability Test: sind 85 % gut?

Die unabhängige Consulting- und Engineeringfirma 10up hat gestern die Ergebnisse des letzten Usability Tests für den umstrittenen neuen WordPress-Editor Gutenberg veröffentlich, nachzulesen hier:

Testing the Gutenberg Publishing Userflow

Dabei erreicht Gutenberg insgesamt 85%, was von der Autorin Sarah James als “nearly excellent” gewertet wird, das ist aber IMHO eine sehr positivistische Wertung.

Die grössten Schwierigkeiten hatten die Anwender dabei, ein Bild in einem Artikel auszutauschen, das dauert bei den meisten Anwendern länger als eine Minute, einer schaffte es gar nicht.

Das nächste grosse Problem lag darin, einen späteren  Veröffentlichkeitszeitpunkt für einen Beitrag festzusetzen, das schafften drei von fünf Teilnehmern gar nicht, obwohl sie dachten sie hätten es hingekriegt. Die Hauptproblematik dabei war anscheinend, dass nach der Auswahl im Date- und Timepicker noch auf den Button “Schedule” geklickt werden musste, und das erkannten die Teilnehmer einfach nicht.

Man kann sich anhand des Artikels von James selbst eine Meinung bilden, aber ich finde, “nearly excellent” ist etwas anderes, das ist für mich so gerade eben noch “acceptable”, mehr nicht. Man darf gespannt sein, wie die Gutenberg Developer auf dieses Testergebnis reagieren.

Dark Patterns – das Geschäft mit der Angst

Angststörungen – eine Volkskrankheit?

Angststörungen sind eine der häufigsten Formen psychischer Erkrankung. Laut statista.de leiden mindestens 25% aller Deutschen zumindest einmal im Leben unter Angststörungen. In Amerika sind es laut ADAA über 14 Millionen Erwachsene über 18 Jahren oder ca. 18 % der Gesamtbevölkerung, die an Angststörungen erkrankt sind.

Das sind erschütternde Zahlen. Angststörungen haben vielerlei Erscheinungsformen, sie reichen von extremer Schüchternheit über die Angst zu versagen oder sich zu blamieren bis hin zu ausgewachsener Klaustrophobie (Platzangst) oder Posttraumatischem Stress.

Angstgestörte Menschen sind besonders anfällig in Streßsituationen und fühlen sich besonders schnell unter Zwang gestellt, wenn sie  von außen in irgendeiner Weise unter Druck gesetzt werden.

Angstauslösende Muster oder “Dark Patterns”

Bleiben wir mal beim Beispiel Internet: Das können so vermeintlich harmlose Auslöser sein wie ein laufender Countdown (noch xy Sekunden bis zum Start des YouTube-Videos) oder stressauslösende Hinweise sein:

“nur noch 2 Stück auf Lager, bestellen sie JETZT!”, “Frühbucherrabatt nur noch bis morgen 12 Uhr”
“23 Personen beobachten diese Auktion, bieten sie SOFORT!”

Dergleichen findet man bei den grossen Verkaufsportalen wie Amazon oder Ebay, auch bei Reiseveranstalten sehr häufig. Solche zwangsauslösenden Konstrukte sollen natürlich verkaufsfördernd sein und haben oft genug mit der Realität rein gar nichts zu tun, sie sind nur ein billiges Werbemittel.

Für angstgestörte Personen kann der Besuch einer solchen Webseite zum Horrorttrip werden.

Artikel zum Thema bei der Paciello Group

Die Paciello Group hat einen hochinteressanten zweiteiligen Artikel über Angststörungen und Barrierefreiheit veröffentlicht, den ich jedem interessierten Leser nur empfehlen kann:

https://developer.paciellogroup.com/blog/2018/08/a-web-of-anxiety-accessibility-for-people-with-anxiety-and-panic-disorders-part-1/

Hier behandelt Autor David Swallow das Thema sachkundig, einfühlsam und technisch versiert.  Wer mehr darüber wissen möchte, wie einen die Werbestrategen im Web unter Druck setzen, und wie man dagegen angehen kann, dem sei dieser Artikel wärmstens empfohlen, man kann bei David Swallow eine Menge lernen.

Matt Mullenweg verspricht: der klassische WordPress-Editor bleibt

Beim WordCamp in Portland am 8.11.2018 stellte sich der WordPress-“Gründervater” Matt Mullenweg den Fragen der beunruhigten WordPress-Gemeinde. Man kann sich das Video hier ansehen:

Gutenberg in Portland Oregon and Podcasts

 

Eine der ersten Fragen aus dem Publikum betraf gleich den umstrittenen neuen WordPress-Editor Gutenberg und die Problematik, ob man denn mit dem neuen WordPress-Release 5.0 dazu gezwungen würde, nur noch Gutenberg zu benutzen.

Mullenweg beruhigte die Fragestellerin und erklärte, dass der klassische WordPress-Editor noch auf Jahre hinaus supported werden wird, und man bei einem WordPress-Upgrade immer die Wahl zwischen Gutenberg und dem klassischen Editor hätte.  Man würde noch etwas feinkörnige Entwicklungsarbeit am klassischen Editor leisten, so dass es möglich sein wird, auf einer WordPress-Site sowohl mit dem neuen Editor Gutenberg als auch mit dem klassischen Editor zu arbeiten.

Das sind ganz neue Töne vom WordPress-Oberguru, der ja bislang eine knallhart innovative Linie mit Gutenberg als zukunftsträchtigem, komplett neu programmierten Editor gefahren war. Man kann davon ausgehen, dass die Diskussion um die mangelnde Barrierefreieheit von Gutenberg viel dazu beigetragen hat, dass Mullenweg jetzt diplomatischere Töne anschlägt. Er sagte selbst, dass es im Projekt WordPress um “Choice” ginge, also um freie Wahlmöglichkeiten für alle Benutzer. Und das stimmt mich optimistisch, denn es minimiert die Gefahr, dass einem der neue Gutenberg zwangsweise beim nächsten WordPress-Update übergestülpt wird, beträchtlich. Wenn man weiterhin die Wahl zwischen Gutenberg und dem klassischen Editor hat, ist allen geholfen, das ist meiner Meinung nach ein sehr vernünftiger Kompromiss.

Braucht die Welt ein neues Symbol für Behinderte?

Jedermann kennt das Behinderten-Signet mit dem Rolli, überall auf der Welt. Ich verwende es auch in meinem Logo:

Es wurde 1968 von einer dänischen Design-Studentin entworfen und macht universal darauf aufmerksam, dass es sich hier um Personen mit besonderen Bedürfnissen handelt, die mit besonderer Aufmerksamkeit und Achtung zu behandeln sind. Das Rolli-Logo spricht eine universale Sprache, es ist simpel und doch einprägsam.

Brauchen wir ein neues Logo, oder gar mehrere?

93% aller behinderten Personen auf der Welt benutzen gar keinen Rollstuhl. Oder es gibt überhaupt gar keine äusserlich sichtbaren Merkmale ihrer Behinderung, Schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen sind oft genug unsichtbar – man denke nur an psychische Erkrankungen, oder auch an Diabetes, Asthma, oder Morbus Crohn, um nur einige wenige zu nennen.

Dieser Tatsache nimmt sich die Initiative Visability93 an. Ihre Gründer, Liam Riddler und Lisa Carrana, führen die Diskussion darüber an, ob es notwendig ist für die unsichtbaren Arten von Behinderungen eigene Logos zu verwenden. Bisher gibt es 29 neue Entwürfe von Icons für unterschiedliche Erkrankungen, die zur Diskussion gestellt werden.

Dabei weisen Riddler und Carrana auch deutlich darauf hin, dass es in vielen Situationen gar nicht legal ist, eine behinderte Person nach der genauen Art ihrer Erkrankung zu fragen. Es geht niemenden etwas an, warum ein behinderter Mitmensch einen eigenen Parkplatz, einen bevorzugten Sitzplatz im Konzertsaal oder Zugang zu einer behindertengerechten Toilette benötigt.

Nähere Einzelheiten über die Diskussion finden sie hier in diesem Artikel der Fast Company:

https://medium.com/fast-company/does-the-universal-symbol-for-disability-need-to-be-rethought-6b43e66d3cd1

Das ist die Crux: es geht niemanden etwas an

Meiner persönlichen Meinung nach ist die Diskussion zwar löblich, aber sie geht am richtigen Leben ziemlich weit vorbei. Wenn es denn ein Icon z.B. für Schizophrenie gibt, und ich als Betroffener dieses beispielsweise an meiner Windschutzscheibe für die Berechtigung für den Behindertenparkplatz anbringe, verkünde ich damit der Welt lauthals die genaue Art meiner Erkrankung.

Diskriminierung ist leider an der Tagesordnung

Es ist ein leider immer noch feststehender Fakt, dass besonders Menschen mit geistigen Behinderungen in der realen Welt diskriminiert und herabgewürdigt werden. Oft genug werden Depressionspatienten als Simulanten diskreditiert, Psychosekranke als gemeingefährlich gebrandmarkt, Schizophrene als Spinner abgetan. Ihnen jetzt mit den neuen Icons ein deutlich lesbares Etikett aufzukleben nützt niemandem, ganz im Gegenteil, es öffnet der Diskriminierung Tür und Tor. Das halte ich für gefährlich und kontraproduktiv, deswegen beziehe ich klar Stellung und sage: Lasst uns den Rollifahrer als universelles Symbol behalten. Die neuen Icons sind zwar gut gemeint, aber sie bringen mehr Schaden als Nutzen.

Auch das noch: Gutenberg Release Candidate ist buggy

In der Teamkonferenz des WordPress Accessibility Teams letzten Freitag war der neue Editor Gutenberg wieder das Top-Thema. Dabei stellte sich heraus, dass viele Features gar nicht auf Barrierefreiheit getestet werden konnten, weil sie von Haus aus nicht funktionierten. So soll es zum Beispiel unmöglich sein, eine geschachtelte Liste (<ul>) mit Unterpunkten zu erstellen, und der Tabelleneditor läßt anscheinend auch schwer zu wünschen übrig.

Dabei soll morgen (Montag 12-11-2018) der Release Candidate von Gutenberg veröffentlich werden. Ein Release Candidate ist üblicherweise eine Software, die keine bekannten Bugs mehr enthält und so wie sie ist ausgeliefert werden kann. Der Tenor im Team Meeting war eindeutig: hier erhält der Begriff Release Candidate eine neue Definition, oder wie es ein Sprecher formulierte:

“”release candidate” appears to now mean “probably won’t blow up the server”.”

Frei übersetzt: “Release Candidate” scheint jetzt zu bedeuten: “wird wahrscheinlich nicht den Server hochgehen lassen”

Das ist, liebe Leser,  ganz schön starker Tobak. Man darf gespannt sein, in welchem Zustand der buggy-ness der neue Editor am Montag vorgestellt wird.

WordPress 5.0 Release verschoben auf Ende November

Wie gestern von Sarah Gooding mitgeteilt wurde, ist das Datum für das mit Spannung erwartete WordPress Release 5.0 auf Ende November verschoben worden:

WordPress 5.0 Release Date Update to November 27

Obwohl nur indirekt davon gesprochen wurde, dass der derzeitige Stand der Dinge in Sachen Gutenbergs Barrierefreiheit (besser gesagt, die nicht vorhanden Barrierfreiheit vieler Module) etwas mit der Verschiebung des Relase-Datums zu tun hat, spricht Gooding davon, dass es noch viele aktuelle Probleme und Pull Requests gibt, für deren Lösung noch Zeit gebraucht wird.

Man darf gespannt sein, ob die Option, den klassischen Editor weiterhin als Plugin mit auszuliefern, bis zum neuen Releasedatum verabschiedet und gebundlet wird. Es bleibt spannend…

Ich bin Accessibility-Aktivistin

Diese Vokabel, im Original „Accessibility activist“ habe ich im Web aufgeklaubt, und sie passt mir wie Latsch auf Pantoffel. Aktivistin, das hat auch was Kämpferisches und Radikales, und damit kann ich mich durchaus identifizieren. Ich meine das ernst mit dem barrierefreien Webdesign, es ist mir ein echtes Anliegen, meine Kunden bei der barrierefreien Gestaltung ihrer Webauftritte behilflich zu sein. Das hat viele Facetten, von einer rein technischen Bedienbarkeit mit der Tastatur und dem Screenreader über die barrierefreie Strukturierung und klare Gliederung angebotener Texte bis hin zu einer klaren, barrierefrei verständlichen Sprache, das Anwendungsspektrum der Barrierefreieheit ist weitgefächert.

Und je mehr ich lerne, um so klarer wird mir auch dass ich noch viel zu lernen habe und wahrscheinlich noch auf Jahre hinaus täglich etwas Neues in Sachen Barrierefreiheit lernen kann. Trotzdem werde ich nie alles wissen können, dafür ist das Gebiet einfach zu umfangreich. Aber ich bin dran, und ich bin in Diskussionen zum Thema auch durchaus ein bisschen ein Radikalinsky, eben weil ich davon überzeugt bin,  dass Barrierefreiheit speziell im Internet nicht nur wichtig, sondern auch notwendig und überaus qualitätsfördernd ist. Ich leihe mir da mal den Slogan einer Teamkollegin:  „Accessibility – for a brighter, clearer Web!

Das habe ich mir auf die Fahne geschrieben, und damit ziehe ich in dem Kampf, aber nicht verbissen, sonder guten Mutes und guter Laune. Es gibt viel zu tun – legen wir los!

Hnandgemalte Illustration: ein kleiner blauer Drache reitet zur Attacke
attacke