Archiv der Kategorie: Nachrichten/Presse

Gutenberg: versöhnliche Töne vom Accessibility Team

Nachdem der neue WordPress-Editor Gutenberg bei den letzten Barrierefreiheitstests glatt durchgefallen ist, hat sich das WordPress Accessibility Team auf der gestrigen Teamsitzung auf einen diplomatischen Kurs geeinigt. Der neue Editor soll wie geplant mit dem WordPress Release 5.0 Mitte November ausgeliefert werden. Allerdings empfiehlt das Accessibility Team, gleichzeitig, ein Plugin mit anzubieten, das eine Umstellung auf den alten, klassischen WordPress-Editor ganz einfach ermöglicht.

Dazu wurde folgender Infotext vorgeschlagen:

“Do you use screen readers, screen zoom utilities, or other accessibility tools to use WordPress? You may have noticed that the new WordPress editor experience (Gutenberg) may still have issues with your tools. We’re still working on it. If you don’t mind testing and providing feedback, that would be super helpful! But we totally understand if that’s not possible. You can install the classic editor plugin while we keep working on making the new editor experience better and more accessible. Thank you for your patience and support as we make the WordPress editor experience better for everyone!”

Ich übersetze wörtlich:

“Benutzen sie Screen Reader, Zoom Hilfsprogramme oder andere Accessibility Tools mit WordPress? Dann wird ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass das neue WordPress Editor Erlebnis (Gutenberg) immer noch Probleme mit ihren Tools verursachen kann. Wir arbeiten daran. Wenn es ihnen nichts ausmacht zu testen und uns ihre Erfahrungen mitzuteilen, wäre das sehr hilfreich. Aber wir verstehen es auch vollständig, wenn das nicht möglich ist. Sie können das klassische Editor-Plugin installieren, während wir daran arbeiten, die neue Editor-Erfahrung besser und barrierefreier zu machen. Wir danken für ihre Geduld und ihre Unterstützung, während wir das WordPress Editor Erlebnis für alle besser machen!”

Das nenne ich eine super diplomatische Lösung! Hiermit wäre allen geholfen: den Benutzern assistiver Technologien und auch den Entwicklern des neuen Editors Gutenberg, die ihr Produkt gerne mit dem WordPress Release 5.0 live gehen sehen würden. Wer möchte, könnte Gutenberg verwenden, und wer den alten klassischen Editor benötigt, könnte ihn ganz einfach weiterhin einsetzen. Man darf gespannt sein, ob die WordPress-Entscheider dieser Empfehlung folgen werden und so eine praktikable Lösung für alle ermöglichen.

Gutenberg im Accessibility Test glatt durchgefallen

Der mit Spannung erwartete Testbericht des WordPress Accessibility Teams ist am 29.10. veröffentlicht worden, hier können sie die Details nachlesen:

Report on the Accessibility Status of Gutenberg

z:

Der wegen mangelnder Barrierefreiheit ins Kreuzfeuer geratene neue WordPress-Editor Gutenberg ist noch einmal auf Herz und Nieren getestet worden, und für nicht gut befunden. Joe Dolson zieht folgende Schlußbilanz:

“The accessibility team will continue to work to support Gutenberg to the best of our ability. However, based on its current status, we cannot recommend that anybody who has a need for assistive technology allow it to be in use on any sites they need to use at this time.”

Ich übersetze wörtlich:

“Das Accessibility Team wird weiterhin nach bestem Vermögen an der Unterstützung von Gutenberg arbeiten.  Wir können allerdings zum jetzigen Zeitpunkt, begründet in seinem aktuellen Status, nicht empfehlen dass ihn irgendjemand, der auf asssistive Technologien angewiesen ist, auf irgendeiner Webseite die benutzt werden muss einsetzt.”

Das, liebe Leser,  nennt man eine Klatsche, oder auch einen glatten Durchfall. Man darf gespannt sein, was dieses miserable Testergebnis für das für Mitte November geplante WordPress Release 5.0 bedeutet.

Gutenberg Adieu -wie man den ungeliebten Editor wieder los wird

In der gestrigen Ausgabe von The WHip war ein Artikel zur Deaktivierung des ungeliebten und umstrittenen neuen WordPress-Editors Gutenberg, den ich ihnen nicht vorenthalten will:

How to Disable the Gutenberg WordPress Editor (Need More Time)

Es geht darum, wie man den voraussichtlich ab Mitte November mit dem neuen WordPress-Release ausgelieferten Gutenberg deaktivieren kann. Zu diesem Zweck gibt es bereits zwei Plugins:

Classic Editor

Disable Gutenberg

Man ist also nicht auf Gedeih und Verderb auf den neuen Gutenberg angewiesen, sondern kann auf den klassischen WordPress-Editor zurückgreifen. Dies ist zumindest eine gute Interimslösung. Inwieweit zukünftige Gutenberg-Versionen für Benutzer mit assistiven Techologien benutzbar(er) sein werden, wird die Zukunft weisen. Bis dahin: Adieu Gutenberg, Welcome klassischer Editor !

Gutenberg gerät unter stärkeren Beschuss

Während das internationale WordPress Accessibility Team noch am Bericht über die letzten Gutenberg Barrierefreiheits Test feilt, hat sich überraschend Schützenhilfe von anderer Stelle angekündigt. Die Vereinigung der akademischen WordPress-Benutzer WPCampus hat in einem Bolgartikel vom 24. Oktober einen Accessibility Audit für den neuen WordPress-Editor eingefordert, nachzulesen hier:

WPCampus Releases Gutenberg Accessibility Audit RFP

WPCampus legt den Focus auf die Einhaltung des Barrierefreiheit  Level AA nach WCAG 2.0, und weist ausdrücklich darauf hin, dass eine Nichteinhaltung dieses Standards nicht nur nachlässig, sondern in vielen Ländern, besonders in USA und der EU, auch ungesetzlich ist. Da das nächste WordPress-Release 5.0 bereits für Mitte November geplant ist, ist der Einreichungsschluss für den  Audit auf 7. November gesetzt.

Währenddessen arbeitet das WordPress Accessibility Team mit Hochdruck am neuesten Testbericht über Gutenbergs mehr oder minder vorhandene Barrierefreiheit. Dies war auch das führende Thema der letzten Teamkonferenz am 26.10.  Und es sieht duster aus, die kürzlich stattgefundenen Accessibility Tests haben zum Teil verheerende Resultate geliefert. Es wurde wegen des knappen Zeitplanes darauf verzichtet, im Testbericht alle aufgefundenen Probleme aufzuführen, stattdessen konzentriert man sich auf diese fünf Themengruppen:

  • Cognitive Load & Complexity (kognitive Belastung &Komplexität)
  • Inconsistent User Interface Behavior (Unberechenbares User Interface Verhalten)
  • Dependency on Accessibility Anti-Patterns (Abhängigkeit von Barrierefreheits Anti-Mustern)
  • Dependency on Keyboard Shortcuts (Abhängigkeit von Tastaturkurzbefehlen)
  • Complex Keyboard Navigation Using Standard Methods (Hochkomplexe Tastaturnavigation mit Standardmitteln)

Der Bericht soll am nächsten Montag, den 29.10. 2018 veröffentlicht werden. Man darf gespannt sein, ob er die WordPress-Verantwortlichen zum Umdenken in Sachen Gutenberg bringt.

 

Rian Rietvelds Rücktrittserklärung: autorisierte deutsche Übersetzung

Ich habe die soeben zurückgetretene ehemalige Chefin des WordPress Accessibility Teams gefragt, ob ich ihre Rücktrittserklärung ins Deutsche übersetzen und hier veröffentlichen darf, und sie hat mir ihr OK gegeben.

Hier zuerst der Link zu Rians Blogbeitrag vom 9.10.2018:

I have resigned as the WordPress accessibility team lead. Here is why.

 

Und hier folgt die deutsche Übersetzung:

Author Rian Rietveld Posted on 9 October 2018

Ich bin als Leiterin des WordPress Accessibility Teams zurückgetreten. Hier sage ich, warum.

Disclaimer: dieser Beitrag spiegelt ausschliesslich meine persönliche Meinung wieder

Nach mehreren Jahren der Arbeit an WordPress und Barrierefreiheit und der Beteiligung am Accessibility Team, habe ich die schwierige Entscheidung getroffen, das WordPress Accessibility Team zu verlassen. Ich bin es dem Team schuldig zu erklären warum ich diese Entscheidung getroffen habe und welche Hoffnung ich habe, dass sich die Dinge in Zukunft verbessern könnten.

Das letzte Jahr, insbesondre die letzten Wochen waren für mich zu sehr politisch kompliziert, da ist es besser wenn jetzt jemand anderer die Führung übernimmt.

In diesem Beitrag versuche ich eine Analyse dessen, was das WordPress Accessibility Team (wpa11y team) während der Entwicklung von Gutenberg getan hat und was die Probleme bei der Arbeit an seiner Barrierefreiheit waren.

Gutenberg

Als die Entwicklung von Gutenberg begann, verfolgte das wpa11y team den Fortschritt und testete, was da war. Und wir entdeckten, dass es viel zu verbessern gab. Also fing Andrea Fercia an, Tickets aufzumachen und Lösungen zu finden. Und das war eine gigantische Aufgabe.

Codebase

 

Wir hatten vier grosse Probleme:

 

Die Codebasis von Gutenberg ist für uns alle schwierig, weil niemand im wp11y team ein geschulter React Entwickler ist. Also war es sehr schwer, Änderungen zu implementieren und selbst PRs zu schreiben. Was wir tun konnten ist testen, sagen was falsch war und wie es sein sollte, und hoffen dass ein Entwickler das aufnehmen würde. Viel von der Arbeit des a11y teams ist vom Gutenberg Team getan worden, aber es gibt immer noch große Probleme.

 

Es gab keinen React Entwickler mit Barrierefreiheitskenntnissen in der Community, und keinen Barrierefreiheitsexperten mit React-Kenntnissen von ausserhalb der Community, der gewillt gewesen wäre, ohne Bezahlung an diesen Problemen zu arbeiten.

Funktionalität, die von Andrea getestet, verbessert und dann abgesegnet wurde änderte sich zu einem späteren Zeitpunkt, was die Barrierefreiheits- Verbesserungen zu nichte machte. Das hat Andrea schwer getroffen

Neue Funktionalitäten wurden vor der Implementierung nicht Tastatur-getestet. (z.B. der Date Picker)

Ich habe mein Netzwerk eingesetzt um Barrierefreiheitsexperten, Firmen und Entwickler mit sowohl React-Kenntnissen als auch Barrierefreiheitskenntnissen zu gewinnen. Wir machten im März dieses Jahres eine Testrunde, nachdem wir die Gutenberg Leitung gefragt hatten, wann sie gewillt waren einen vollständigen Test zu machen. Die Ergebnisse sind bei der Testprozedur und bei den Issues auf GitHub zu finden.

Die Ergebnisse zeigten so viele Barrierefreiheits-Probleme, dass die meisten Tester sich weigerten, Gutenberg nochmal anzuschauen.

Weiterbildung

Weil wir nicht alle Gutenberg Issues selbst lösen konnten, habe ich mich dafür entschieden, zu helfen und die Entwickler und Designer weiterzubilden.

 

Sami Keijonen und ich fingen damit an, das WordPress Accessibility Handbuch zu erweitern und zu reorganisieren, wir haben gute Vorgehensweisen und Methoden zum Testen von Code, Inhalt und Design hinzugefügt. Wir haben sehr viel geschrieben, so dass es jetzt beim Erstellen eines GitHub Issues so ist, dass der Autor auf eine Handbuch-URL verweisen und sagen kann „so wird das gemacht“.

 

An diesem Handbuch arbeiten immer noch Jaap Wiering und Daniel Koskinen, siehe auch der #accessibility-docs Channel auf Slack, hier kann man die Diskussion einsehen.

Wir haben über Testautomatisierung recherchiert. Dies ist immer noch eine nicht vollendete Arbeit, weil es schwierig aufzusetzen ist. Ich habe auf der Human Made Webseite einen Blogbeitrag über meine Erfahrungen mit automatisiertem Testen der Barrierefreiheit geschrieben, und ich habe meine Truppen versammelt, um dies auf eine höhere Ebene zu bringen.

Ausserdem haben wir eine Serie von Entwicklertalks über Barrierefreiheit bei Treffen und WordCamps gestartet.

Eine gute Sache, die man über alle diese Gutenberg-Vorbereitungen sagen kann ist, dass sie die Sichtbarkeit des a11y teams verstärkt haben, und es ist sehr gut zu sehen dass sie jetzt endlich Anerkennung für ihre Arbeit bekommen.

Handbuch für Assistive Technologien

Für Benutzer, die auf assistive Technologien  (AT) wie Screenreader oder Stimmerkennungssoftware angewiesen sind ist die Lernkurve von Gutenberg sehr hoch. Wenn man nicht den ganzen Bildschirm sehen kann, oder auf den Tastaturfokus angewiesen ist, dann ist Gutenberg sehr schwer zu erlernen.

 

Claire Brotherton hat angefangen dieses Handbuch zu schreiben und sie braucht die Hilfe von AT Experten. Siehe:  GitHub issue Manual for users of assistive technology #10373.

5.0 ist nah

Jetzt steht Gutenberg kurz vor der Veröffentlichung: wie barrierefrei ist Gutenberg?

In Andrea’s Worten (und ich stimme zu):

 

“Obwohl das Gutenberg Team hart daran gearbeitet hat, einige Grundlegende Features der Barrierefreiheit einzubauen (Fokus Management, Navigationshilfen) ist die generelle User Experience für Benutzer mit Handicap schrecklich kompliziert, das geht soweit dass der neue Editor für sie kaum benutzbar ist.

 

Der Hauptgrund für dieses generelle Fehlen von Barrierefreiheit steckt im generellen Design von Gutenberg, da Barrierefreiheit nicht in den Design Prozeß mit aufgenommen wurde.

 

Das Feedback von Barrierefreiheits-Benutzern wurde ständig bewertet, und Gutenberg ist tatsächlich ein Rückschritt im Grad der Barrierefreiheit im Vergleich mit dem vorigen Editor”

Andrea Fercia

Was ist schiefgelaufen

Ich habe diese Woche das Feedback bekommen, dass wir die GitHub Issues anders formulieren hätten sollen. Mir wurde gesagt, dass die Begründung, wieso das ein Issue war, ausführlicher hätte sein müssen, so dass die Entwickler besser motiviert gewesen wären, es zu lösen. Ich habe auch das Feedback bekommen dass manche Accessibility Issues zu groß waren, dass wir sie kleiner hätten machen sollen

Es wäre großartig gewesen, wenn dieses Feedback zeitnah in den Issues gekommen wäre, weil einige der Issues bereits über ein Jahr alt sind.

Im Nachhinein gesehen: was hätte ich anders hätte machen sollen:

 

Öfter und lauter kommunizieren, dass wir einen geschulten Gutenberg/React Entwickler viel früher im Prozess gebraucht hätten

Die Entwickler davon überzeugen, dass der Tastaturtest ein Muss ist

Andrea besser unterstützen, als er um eine zweite Meinung und um mehr Testen bat

Die AT-Tester davon überzeugen, es nochmal zu versuchen

Mehr Bemühungen darin investieren, Barrierefreiheitsexperten und Unternehmen zur Hilfe zu gewinnen

 

Vollzeit Entwickler

Ich bin sehr glücklich darüber, dass es jetzt einen dedizierten Entwickler von Automattic gibt, der 100 % an Barrierefreiheitsproblemen arbeitet. Ich wünsche Matthew MacPherson alles Gute, denn er wird es brauchen können. Ich hoffe, dass das a11y team ihn in allem unterstützen wird, was er braucht.

An Matt Mullenweg

Zu Matt Mullenweg möchte ich sagen: bitte passe besser auf deine Community auf. Schätze die Menschen, die ihre (eigene) Zeit investieren und die sehr hart daran arbeiten, WordPress so gut wie möglich zu machen. Ignoriere sie nicht und mach dich nicht über sie lustig, sondern sprich mit ihnen, führe sie, informiere sie. Sei nicht von der Community entkoppelt, sei ein Teil von ihr.

Danksagung

Es war ein Privileg, im Accessibility Team zu arbeiten. Ich kann ihnen allen hier nicht genug danken. Aber es gibt einige Leute, denen ich hier ein grosses Dankeschön aussprechen möchte:

 

Andrea Fercia, der hart und oft allein gegen den Strom arbeitet, was die GitHub Issues betrifft. Ich wünschte ich hätte dir mehr Unterstützung für das Testen geben können.

Claire Brotherton, die viel testet und angefangen hat, das Handbuch für assistive Technologien zu schreiben. Claire, du bist hier die unbesungene Heldin, du hast (in deiner eigenen Zeit) so viel hier getan. Mädchen, du rockst.

Adrian Roselli, der zweimal von den USA zum WordCamp nach Europa geflogen ist, um dem Accessibility Team zu helfen und Lösungen zu finden.

Eric Wright, der ein exzellentes Video darüber gemacht hat, wie schwierig es ist Gutenberg mit Dragon NaturallySpeaking zu benutzen.

Sami Keijonen, Jean-Baptiste Audras, Laken Hafner, Nic Bertino, Amanda Rush, @bemdesign, Chetan Prajapati und all die Leute im #accessibility channel, für ihre Beiträge und Diskussionen.

Morten Rand-Hendriksen, für seine Hilfe, Unterstützung, Netzwerken, Inspiration und Zeit, und dafür dass ich alle meine Zigaretten nach der Party in Belgrad in sein Gesicht rauchen durfte.

Was jetzt?

Ich verlasse weder WordPress noch die Barrierefreiheit, und Fakt ist, dass ich jetzt tatsächlich wieder an Barrierefreiheit arbeiten kann. Ich werde Reden halten und Workshops geben. Ich möchte außerdem Forschen und an Tickets arbeiten. Aber nach meinem eigenen Tempo.

Ich werde mich an Teilnehmertagen mit an den a11y-Tisch setzen, aber vielleicht gehe ich stattdessen lieber in ein Museum.

Für Level Level, die Firma für die ich jetzt arbeite, werde ich Workshops und Schulungen aufsetzen, in denen es um Web Accessibility und gute Code-Praktiken geht. Ich werde ausserdem den Designern, Content Managern und Entwicklern von Level Level helfen, die beste Agentur für barrierefreie WordPress-Seiten zu werden die es gibt. Lauter so Zeug das ich gern mache und das mir positive Energie gibt.

Ich wünsche euch alles Gute, und bitte meldet euch wenn ihr mein Wissen braucht oder wenn ihr einen Schwatz halten wollt oder ein Glas Wein mit mir trinken.

Liebe Grüße,

Rian

Author Rian Rietveld Posted on 9 October 2018

WCAG 2.1 in Sicht

Die “Final Draft”, also der endgültige Entwurf der Web Content Accessibility Guidelines in der neuen Version 2.1 soll heute veröffentlicht werden. Die Version 2.1 ergänzt die seit 2008 gültige WCAG 2.0 besonders in drei Bereichen:

  • Nutzung mobiler Endgeräte, wie Smartphones, Tablets, Smartwatches etc. sowie mobile Endgeräte in KFZ.
  • Berücksichtigung von Benutzern mit eingeschränkter Sehfähigkeit. Es werden Sehbehinderungen einer anderen Art als Blindheit berücksichtigt, wie z.B. erhöhte Lichtempfindlichkeit, Farbenblindheit, eingeschränktes Sichtfeld oder Verzerrungen in der Sichtwahrnehmung.
  • Berücksichtigung von Benutzern mit kognitiven Behinderungen wie z.B. Lernstörungen, ADHS, Autismus und altersbedingte kognitive Einschränkungen.

Die WCAG 2.1 ersetzen nicht die Version 2.0, sondern ergänzen sie in wichtigen Bereichen.  Als vorab-Information sicher interessant ist das Dokument “Understanding WCAG 2.1” auf den Seiten des W3C.

BIK: BITV-Tests und WCAG 2.0 unter einem Dach

Quelle: http://www.bitvtest.de

Seit Ende letzten Jahres ist der überarbeitete BITV-Test verfügbar. Laut BIK wird jetzt auch die Konformität der Stufe AA nach den Richtlinien des WCAG 2.0 geprüft. Der Unterschied besteht lediglich in der Auswertung. Das BITV-Prüfverfahren vegibt nach wie vor eine graduelle Bewertung der Konformität in Prozent. Der Test nach WCAG wird nur nach “ist konform” oder “ist nicht konform” ausgewertet.

Besonders interessant für kleine und mittlere Unternehmen dürfte immer noch der kostenlos angebotene Selbstbewertungstest sein, der nach wie vor ein wertvolles Hilfsmittel zur Beurteilung des erreichten Grades der Barrierefreiheit der eigenen Webseite darstellt. Hier gehts zur Demoversion

Leider gilt aber nach wie vor: das Ergebnis des kostenlosen Selbsttests darf nicht veröffentlicht werden, es ist nur für den internen Gebrauch. Der abschließende kostenpflichtige BITV-Endtest kostet nach wie vor ab 1260 €, das wird für die meisten kleineren Betriebe dann doch nicht in Frage kommen. Hier wäre eine preiswertere Version nach wie vor sehr wünschenswert!

Barrierefreier Videoplayer der Aktion Mensch

Quelle: https://www.heise.de/ix/meldung/Aktion-Mensch-praesentiert-barrierefreien-Videoplayer-fuer-alles-und-alle-3921978.html

Die Aktion Mensch hat einen barrierefreien Videoplayer entwickelt, mit dem es möglich ist, auf der eigenen Internetseite unkompliziert barrierefreie Videos für alle einzustellen. Der Player ist auf dieser Seite der Aktion Mensch zum Download verfügbar.

Der Player ermöglicht es, zusätzlich zum eigentlichen Video eine Audiodeskription, Untertitel und Gebärdensprache anzubieten. Sehr interessant zu diesem Thema ist auch der hier verlinkte Artikel mit Tipps zur Erstellung barrierefreier Videos.

Inklusion am Arbeitsplatz: 100.000 zahlen lieber

Quelle: VDK-Zeitung Dezember 2017/Januar 2018

In Deutschland ist nach dem geltenden Arbeitsrecht eine 5%-Quote für die Beschäftigung schwerbehinderter Arbeitnehmer in Kraft, diese gilt für Unternehmen ab 20 Beschäftigten. Das heißt im Klartext: Betriebe mit 20- 39 Mitarbeitern müssen mindestens einen schwerbehinderten Arbeitnehmer beschäftigen, bis 59 Mitarbeiter zwei. Näheres hierzu in diesem sehr informativen Artikel bei internetratgeber-recht.de

Aber viele Arbeitgeber erfüllen diese Beschäftigungsquote nicht, sie zahlen stattdessen die Ausgleichsabgabe. Laut VDK-Zeitung sind dies immerhin fast 100.000 von den insgesamt ca. 156.000 deutschen Arbeitgebern, die zur Beschäftigung Behinderter verpflichtet wären. Das sind fast zwei Drittel! Eine traurige Mehrheit.  Es gibt noch viel zu tun in Deutschland, wenn es um die Inklusion am Arbeitsplatz geht!

BIK: Überarbeiteter BITV-Test ist online, WCAG-Test im Herbst

Am 17. Juli 2017 hat das BIK (Barrierefrei informieren und kommunizieren für Alle) eine überarbeitete Version des bekannten BITV-Tests online gestellt. Der BITV-Test prüft die Barrierefreiheit von Internetseiten auf Basis der deutschen Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung.

Ergänzend zum BITV-Test wurde für den Herbst 2017 ein neuer Test zur Überprüfung der WCAG-Konformität in Aussicht gestellt, ich zitiere direkt von der BIK-Webseite:

BIK für Alle entwickelt – in Ergänzung zum etablierten BITV-Test – ein Verfahren zur Prüfung und Zertifizierung der WCAG-Konformität von Webangeboten. Der WCAG-Test befindet sich noch bis Herbst 2017 in der Evaluationsphase.

Da es ein gemeinsames Prüfverfahren gibt – das heißt, beide Tests werden dieselben Prüfschritte umfassen – hat die Entwicklung des WCAG-Tests auch Auswirkungen auf den BITV-Test: Das Prüfkonzept bleibt zwar im Wesentlichen unverändert, die Prüfschrittstruktur wurde aber stärker an die Struktur der WCAG-Erfolgskriterien angepasst.

Da die Anforderungen der BITV 2.0 inhaltlich denen der WCAG 2.0 entsprechen, werden beide Tests auch dieselben Prüfschritte enthalten und die Konformität auf Stufe AA der WCAG prüfen.

Beim BITV-Test bleiben im Zuge der Auswertung die abgestuften Bewertungen erhalten und es wird ein Punkte-Ergebnis berechnet. Anders im WCAG-Test: Hier gibt es in der Ergebnisdarstellung nur noch erfüllt oder nicht erfüllt.

BIK hat angekündigt, daß es auch für den neuen  WCAG-Test eine Konformitätserklärung und ein Prüfsiegel geben soll. Man darf gespannt sein, wann die neue Version des Tests Online geht.